Beitragsfolge "80 Jahre Paul -
Guenther - Schule Geithain" (4)
Keine vermögensrechtlichen Änderungen bei
Währungsreform von 1948
Ein Kernsatz der Stiftungsurkunde von 1921 lautet:"Sie
besteht aus einem Nennwert von 1 Million Mark in 5 prozentiger Deutscher
Kriegsanleihe sowie dem Haus- und Gartengrundstück in Geithain,
Altenburger Straße 23."
Nach einer Anfrage zum Begriff "Kriegsanleihe",
insbesondere zu deren Behandlung durch den Rechtsnachfolger des
Deutschen Kaiserreiches, die Weimarer Republik, teilte die Deutsche
Bundesbank u.a. mit: "In den Jahren 1914 bis 1918 hat das Deutsche
Reich neun Anleihen begeben, die als Kriegsanleihen bezeichnet wurden.
Die Zinsen von 5 % wurden halbjährlich ausgezahlt. ... Die Ansprüche
aus diesen auf Mark lautenden Schuldverschreibungen sind nach Einführung
der Reichsmark im Jahre 1924 im Gesetz über die Ablösung öffentlicher
Anleihen vom 16. Juli 1925 geregelt worden."
Die vielen Einzelschritte bei der Anleiheablösung
und Umwertung der Geithainer Stiftung können im Rahmen eines solchen
Beitrages nicht erfasst werden. Entscheidend ist ein Satz aus dem
in Teil
3 dieser Folge erwähnten Prüfungsbericht des Finanzamtes Rochlitz
von 1941: "Das Stiftungsvermögen betrug ursprünglich 1 Million Mark.
... Jetziger Stand lautet: 50.319,65 RM." Nach langjährigem Rechtsstreit
konnte die Stadt ab 1940 auch ihr Erbe aus dem Testament Guenthers
antreten. Zum Stiftungsvermögen von rund 50.000RM kamen hinzu rund
135.000RM in Form von Hypotheken und Wertpapieren. 1942 wurde es
laut Auseinandersetzungsvertrag zwischen Stadt und Kirche im Verhältnis
1:1 aufgeteilt. Damit wird der seit 1942 bis 1990 immer wieder gleiche
Betrag von rund 93.000RM (bzw. M) für das Stiftungsvermögen verständlich.
Die Umstellung von DDR- Mark auf DM im Jahr 1990 und die Euroeinführung
vor einigen Jahren ergeben rund 25.000€ als Vermögen der Bruno und
Therese Guenther - Stiftung.
Zwei weitere Sätze zur Stiftungsverwaltung sollen
hier aus den Dokumenten im Stadtarchiv zitiert werden. In einer
Mitteilung vom 26.07.1948 steht, "dass durch die Währungsreform
in vermögensrechtlicher Hinsicht Veränderungen nicht eingetreten
sind. Die Stiftung besteht nach wie vor." Im Juni 1959 beziffert
die Stadt in einem Schreiben an die Mitbesitzer der Fabrik in Neukirchen
bei Chemnitz "ihre Forderungen weiterhin mit 93.487,50 M." Die Zahl
1 Million Mark von 1921 hat infolge fehlender Informationen zu grotesken
Vorstellungen bezüglich der jährlichen Stiftungserträge geführt.
Dass Geithain im Testament Guenthers ebenfalls bedacht wurde, war
über viele Jahrzehnte gar nicht bekannt. Dabei bildet dieser Betrag
den wesentlich größeren Teil des Stiftungsvermögens.
Wer die vielen Dokumente zur Stiftung im Stadtarchiv
liest, fragt sich immer wieder, warum nur so lange Geheimniskrämerei
dazu betrieben wurde. Seit 1990 boten sich wesentlich bessere Möglichkeiten
sowohl für die Forschung zum Thema "Paul Guenther" als auch zur
Publizierung der Forschungsergebnisse. Viele meinen, die Guenther-
Forschung hätte erst 1990 begonnen. Sie wurde ab 1990 wesentlich
intensiviert, b e g o n n e n hat sie aber schon 1985, wie im Teil
5 gezeigt wird.
Dr. G.Senf
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