Auszüge aus "Geithain Journal
II"
Geithainer Originale und Begebenheiten
Lust statt Frust
Fahrschule
heute: Das ist Stress und Hektik und - es kostet viel Geld! Fahrschule
damals in den 50er und 60er Jahren in Geithain war für viele ein
Vergnügen! "Du brauchst in den Fahrschulwochen kein Radio, Kino
oder den Fernseher, die Fahrschulstunden bieten Unterhaltung genug!"
- so sagte mancher, der bei Herrn Schenkel das 1 x 1 des Autofahrens
erlernte.
Herr Walter Schenkel - "Schenkel Adam" nannten
ihn viele - betrieb bis Anfang der Siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts
eine Fahrschule. Heute gibt es in Geithain gleich mehrere, damals
war Schenkels Fahrschule die einzige in der ganzen Umgebung. Die
Leute kamen von weit her, sogar aus der Chemnitzer Region. Wie viele
hatten damals schon ein Auto und welch eine paradiesische Ruhe herrschte
auf den Straßen!
Unterschiede zu heute gab es im theoretischen
Unterricht wie bei den praktischen Fahrübungen. An Fahrtrainer dachte
noch keiner. Man setzte sich an das Steuer - keine Ahnung wie und
wo etwas ist - und los ging`s. Es gab keine langatmigen Erklärungen
und Belehrungen, man musste eben gleich fahren. Da kuppelte und
schaltete zwischendurch der Fahrlehrer eben selbst, wenn sich der
Schüler zu blöd anstellte. Es war ja manches auch schwieriger als
heute. "Zwischengas"- wer kennt das noch?
Der Ton zwischen Fahrlehrer und -schüler war
rauh bis derb, aber herzlich und sehr wirkungsvoll. Das galt in
erster Linie gegenüber Fahrschülern. "Du bist dümmer als die Polizei
erlaubt!" und Ähnliches kam dann gar nicht selten als Reaktion von
Herrn Schenkel, wenn der Motor wieder mal abgewürgt wurde. Ganz
anders, immer sehr galant und höflich, war Herr Schenkel gegenüber
den Schülerinnen. Wer von den älteren Geithainern sieht die Bilder
nicht vor sich: Herr Schenkel in seinem "Moskwitsch" mit einer jungen
Frau neben sich, sichtlich zufrieden, die vielen Bekannten draußen
grüßend, auf Übungsfahrt durch Geithain oder auf den Nebenstraßen
in der Umgebung. Die Kaffeepause in einem Dorfgasthof war Ritual.
Das Höchste jedoch bildeten die Nachtfahrten!
Im theoretischen Unterricht spielte damals die
Technik von Motor und Auto eine wesentlich größere Rolle. In den
Unterrichtsstunden musste man eben nicht nur die Paragraphen der
STVO und STVZO herunterrasseln können, das Spiel der Ventile, die
Kolbenbewegungen und viele weitere technische Dinge mussten ebenso
beherrscht werden. Es gab keinen Pardon, notfalls wurden Hausaufgaben
erteilt. Jedenfalls musste ich einmal zur nächsten Fahrstunde aus
einem Lehrbuch die hydraulische Bremsanlage beim LKW "abmalen".
Welch ein Gaudi! Ausgerechnet ein ortsansässiger "Pauker" bekommt
eine Strafarbeit aufgebrummt!
Bild: Walter Richard Schenkel, genannt "Adam"
|