Aktualisiert am 05-Jul-2007  
   
 
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Geithainer Badefreuden einst und jetzt!
von Dr. Gottfried Senf

Kaiser- Wilhelm- Bad in Geithain?

Hochsaison natürlich auch im Geithainer Freibad! Wer an diesen Sommertagen nicht verreist ist, nutzt das schön gelegene Bad für eine willkommene Abkühlung. Der eine oder andere Altgeithainer erinnert sich vielleicht an die Zeit, als das heutige Geithainer Freibad entstand. Vor 40 Jahren, im Frühjahr 1967, wurde mit dem Bau begonnen und zwei Jahre später konnte das Bad zur Eröffnung der Badesaison seiner Bestimmung übergeben werden. Gehen wir aber zunächst noch weiter zurück in der Geithainer Badgeschichte. Im Oktober 1910 beschloss der Stadtrat, eine Badeanstalt am Oberfürstenteich zu errichten und sie in eigener Regie zu betreiben. Da das Wasser des Teiches durch die Große Eula ständig erneuert wurde, hielt man den Öffentlichkeitsbetrieb für gesundheitlich unbedenklich. Am 28. Juni 1913 fand die feierliche Übergabe statt. Es gab, dem Zeitgeist entsprechend, zwei getrennte Becken. Selbst die Besuchszeiten waren nach Geschlechtern getrennt. Die Eintrittspreise (Erwachsene 10Pfg., Kinder 5 Pfg.) waren moderat. Auch noch so große Besucherzahlen hätten nie zu einer Kostendeckung (Baukosten 6 518 Goldmark) führen können. Die Stadt konnte es sich offenbar leisten. Deutschland befand sich seit über 40 Jahren in einer langen Friedensperiode. Was die Geithainer Ratsherren unter dem Bürgermeister Richard Höfer (Amtszeit 1904 bis 1916) im Detail bewog, ein Freibad zu bauen, wäre sicher in einschlägigen Akten im Stadtarchiv auffindbar. Die Geithainer Stadtobrigkeit folgte jedenfalls einem aktuellen Trend. Die Lehre des damals sehr populären Naturheilarztes Dr. Lahmann, der auf dem Weißen Hirsch in Dresden ein Sanatorium betrieb, fand auch in unserer Gegend Anhänger. Gleich zwei Einrichtungen entstanden, welche die reformerischen Gedanken von Lahmann umsetzten. Bei Frauendorf wurde Anfang des vorigen Jahrhunderts „Villa Erdenglück“ gebaut. Über viele Jahre erholten sich hier Leipziger durch „naturnahen Aufenthalt im Wasser, an Luft und Sonne“. Die Landfrauenschule Arvedshof in Elbisbach begann 1906 mit ihrer Arbeit. Ausbildung und Freizeit dort folgten ebenfalls den Lehren des Dresdener Arztes. Die neue Einrichtung in Geithain erhielt den Namen "Kaiser- Wilhelm- Bad". Mag uns heute diese Namensgebung auch etwas vermessen erscheinen, denn im Volksmund hieß der Oberfürstenteich ja auch Katzenteich! Die Geithainer lagen aber hier wohl auch im Trend der Zeit.

Bild 1: Das alte Geithainer Freibad am Oberfürstenteich, um 1940

Das Wikingbad entsteht

Zum Gelände des Sommerhofes gehörten zahlreiche ehemalige Kalkgruben, zumeist mit Wasser gefüllt und umwachsen mit Bäumen und Sträuchern. Einen dieser Teiche verpachtete Kurt Sommer um 1929 an den Geithainer Sportverein. Die meist arbeitslosen Mitglieder des Vereins- es war die Zeit der Weltwirtschaftskrise - verwandelten das Gewässer in eine gelungene Badeanstalt. Es gab einen mit Weiden befestigten Bummelweg um den Teich herum. Liegewiesen mit Bänken, Umkleidekabinen und eine Tischtennisanlage entstanden in kürzester Zeit. Sogar ein kleiner Parkplatz wurde angelegt, obwohl es zu dieser Zeit in Geithain kaum Autos gab. Ulrich Sommer erinnert sich an die Eröffnung des "Wikingbades", wie es genannt wurde: "Da erschienen die schönsten und elegantesten Damen Geithains in, für damalige Verhältnisse, gewagten Badeanzügen und Hüten. Auch die Männer zeigten, was sie hatten. Besonders an einen athletischen Jüngling erinnere ich mich: winzige, tiefrote Dreiecksbadehose und vorn drauf das Hakenkreuz auf weißem Grund. Es war einige Jahre vor der sogenannten Machtergreifung der Nazis und in Geithain noch etwas Ungewöhnliches!" Ulrich Sommer nennt den "Geithainer Sportverein", es dürfte aber der "Geithainer Schwimmverein Wiking" gewesen sein, der für dieses Bad verantwortlich zeichnete. Dieser Verein wurde 1923 gegründet und von Curt Clauß über viele Jahre als Vorsitzender geleitet. Fühlte man sich da draußen freier als im Städtischen Freibad oder wollte man ein vereinseigenes Bad? Das Wikingbad, der Badeteich in Ottenhain und der Oberfürstenteich in Geithain waren bis in die 50er Jahre beliebte Badestellen für die Jugendlichen aus Geithain und Umgebung. Von den Anlagen im ehemaligen Wikingbad ist heute nichts mehr zu sehen. Die erst kürzlich entstandene Straße mit den Energiesparhäusern trägt zur Erinnerung den Namen "Am Wiking". Vom alten Geithainer Freibad sah man bis in die 70er Jahre noch Reste. Die Schüler der Oberschule Geithain führten im Frühjahr 1951 noch einen Arbeitseinsatz im Bad durch, eine wirkliche Nutzung des 1913 entstandenen Bades gab es jedoch nur noch bis Mitte der 50er Jahre. Die Schließung erfolgte in erster Linie aus hygienischen Gründen. Der Wunsch vieler Geithainer nach einem neuen Freibad stieg von Sommer zu Sommer! Ende der 60er Jahre war es dann endlich soweit!

Bild 2: Junge Geithainer im August 1930, ob am Wikingbad oder am Oberfürstenteich ist nicht mehr feststellbar

Vor 40 Jahren - ein neues Geithainer Freibad entsteht

Der Wunsch vieler Geithainer nach einer zeitgemäßen, öffentlichen Badegelegenheit wurde immer intensiver. Das alte Bad von 1913 im Oberfürstenteich hatte nun wirklich ausgedient, eine Modernisierung dieser Einrichtung kam nie in Frage. Ein neues Bad, nicht wieder im, sondern am Oberfürstenteich errichtet, stand seit Anfang der 60er Jahre immer mal wieder zur Debatte. Geithain war seit 1952 Kreisstadt. Der häufige Wechsel im Bürgermeisteramt seit 1945 bis in die 50er Jahre hinein war inzwischen auch Vergangenheit. Seit 1959 leitete Silvester Poschmann als Bürgermeister die Geschicke der Stadt. Die Eröffnung des neuen Freibades, fast genau 10 Jahre nach seinem Amtsantritt, war nicht nur für ihn persönlich, sondern für alle Geithainer ein ganz besonderes Erlebnis. Herr Poschmann steht mit 25 Amtsjahren an zweiter Stelle in der Liste der langjährigen Bürgermeister der Stadt, hinter Friedrich Bauer mit 37 Jahren (1862 -1899). Als er aus Krankheitsgründen 1984 sein Amt abgeben musste, war der Badbau 1967- 69 auch vor dem Hintergrund von 25 Dienstjahren ein herausragendes Ereignis! Im Frühjahr 1967 begannen die Arbeiten mit dem Ausheben der Gruben für die künftigen Becken. Es gab viele skeptische Stimmen, da eine für die damalige Zeit neue Baumethode für Freibäder Anwendung fand. Die Beckenwände waren abgeschrägt, denn alles wurde mit Folien belegt. Die Baukosten waren mit 2 Millionen Mark veranschlagt. Zur Verfügung standen 500 000 Mark aus einem entsprechenden Fonds beim Rat des Bezirkes Leipzig. 500 000 Mark betrug der Eigenbeitrag der Stadt Geithain. Die "Finanzierungslücke" von 1 Million Mark wurde geschlossen! Auf welche Weise, ist heute für jüngere Geithainer oder aus Westdeutschland Zugezogene schwer verständlich. Der Bau des Bades erfolgte außerhalb der staatlichen Baukapazität. Es war ein Projekt im Rahmen des "Mach mit - Wettbewerbes"! Heutige Geithainer, die 1967 bis 1969 die oberen Klassen der

Bild 3: Stolze Medaillengewinnerinnen bei der Kreis- Schwimmspartakiade 1971

Geithainer Schule besuchten, erinnern sich an die vielen Arbeitseinsätze unten an der Baustelle: Schachten, Planieren, Streichen, Räumen u. a. Unterstützung gaben die Betriebe der Stadt mit ihrer Technik. So half vor 40 Jahren als erster das Baustoffkombinat mit seiner Raupe beim Bewegen der Erdmassen. Das Wort "Feierabendbrigaden" mag wohl auch in diesen Jahren entstanden sein. Es bildeten sich Gruppen von Facharbeitern, die nach Feierabend und an Wochenenden die jeweils notwendigen Arbeiten auf der Baustelle ausführten und meist auch an Ort und Stelle ihren Lohn "auf die Hand" ausgezahlt bekamen. All das musste durch die Stadt organisiert und koordiniert werden. Der Bürgermeister war in solchen Zeiten dann eher "Baumeister" bzw. "Bauleiter". Kommunales Bauen in DDR- Zeiten hatte nun einmal seine Besonderheiten. Auftragsvergabe an das günstigste in der Palette der anbietenden Baufirmen, Auswahl aus einem riesigen Angebot an Materialien und Gestaltungsmöglichkeiten - heute alles selbstverständlich, damals ein unerfüllbarer Traum. Die Freude am fertig gestellten Bad im Mai 1969 war riesengroß, hatte man ja auch oft selbst mit dazu beigetragen! Schwimmwettkämpfe, wie etwa die Kreisspartakiaden im Schwimmen, konnten nun in der Kreisstadt Geithain stattfinden. Die Stadtverwaltung hatte 1969 mit der Anstellung eines jungen Bademeisters offenbar eine glückliche Entscheidung getroffen. Rainer Veit, gebürtiger Geithainer, war bis zu seinem Renteneintritt ein beliebter und allseits geachteter Bademeister im Geithainer Freibad.

(Quellenangabe bei Redaktion)

 
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