Rund
um Sanct Jacobus in Tautenhain
Von Gottfried Senf
An sehr vielen Stellen chronikalischer Literatur
liest man die Aussage, daß die Tautenhainer Kirche am 26. September
1318 durch den Bischof Johann(es) von Merseburg (manchmal heißt
es auch Friedrich Johann) auf den Heiligen Jacobus geweiht wurde.
Christian Winkler stellte einen seltsamen Widerspruch fest. Seine
historischen Studien im Geithainer Pfarrarchiv (u.a. "Neunhöfers
Schrift" ), in Zeitschriften aus dem 18. Jahrhundert (u.a. "Unschuldige
Nachrichten von alten und neuen theologischen Sachen" 1714 , S.
187) sowie in der "Neue(n) Sächsische(n) Handbibliothek I", 1775,
S. 231 führten zu dem Ergebnis, daß dort ebenfalls von einem Johannes
als Weihbischof geschrieben steht, es aber 1318 keinen Merseburger
Bischof Friedrich Johannes oder Johannes gegeben habe.
Wahrscheinlich
hat es ganz früh einmal eine Verwechslung gegeben und in allen weiteren
Mitteilungen wurde der Fehler übernommen. Ob im "Vollständigen Staats-
Post und Zeitungs- Lexikon von Sachsen" 1824, in der "Sächsischen
Kirchengalerie" 1860, in den Tautenhainer Kirchennachrichten, den
(unveröffentlichten) Niederschriften von Florus Blume zur Tautenhainer
Dorfgeschichte, ja selbst zur Einweihung der erneuerten Jacobuskirche
1952 und auf einem der Emporebilder von Felixmüller [--> Seite 74]
- immer und überall ist von Bischof Johannes von Merseburg die Rede.
Aber, wie oben schon gesagt, es gibt bis dato noch keinen Originalbeleg
zur Weihe von Sankt Jacobus in Tautenhain. Außerdem muß unterschieden
werden zwischen dem Diözesanbischof und dem ihm unterstellten Weihbischof.
Letzteres hat offenbar zu der Verwechslung geführt.
Bischof von Merseburg war von 1300 bis 1319 [L:40, S. 516] Heinrich
III. von Pagk. Im Urkundenbuch des Hochstifts Merseburg [L:41, S.
570] ist unter dem Jahr 1316 eine Mitteilung über Johannes vicarii
maiores zu lesen. Und dieser Johannes, der Generalvikar, praktisch
ein Stellvertreter des Bischofs, war es wohl, der die Tautenhainer
Kirche geweiht hatte. Die eigentliche Weiheurkunde sei im Jahre
1714 noch vorhanden gewesen, wie Schumann [L:38, S. 622] schreibt.
In dieser Urkunde sei der Ort Tutenhagen genannt worden.
Ebenso chronikalisch zu werten ist die Aussage,
in dem steinernen Altartische befänden sich unter einer Marmorplatte
noch jetzt einige Reliquien, die man bei der Weihe des Altars hineingelegt
habe. [L:5]. Dass aus vorreformatorischer Zeit praktisch nichts
mehr vorhanden ist, verwundert nicht, wenn wir den Satz lesen "1539
wurde Tautenhains Kirche vom Papismus gereinigt" [L:5]. Andreas
Kleeberg aus Colditz wird als erster evangelisch-lutherischer Pfarrer
genannt. 1693 war Johann Buchner Pfarrer in Tautenhain. Im Archiv
ist von einer Klage dieses Pfarrers gegen Kaspar Kirsten, Müller
zu Tautenhain, wegen Ablieferung des Kirchenzehnten zu lesen. [L:8]
Die Versorgung des Pfarrers sowie die "Betriebskosten" für die Kirche
beruhten hauptsächlich auf der Grundlage von Pfarr- und Kirchlehen.
"Der Zehnte" diente Ende des 17. Jahrhunderts offenbar noch zusätzlich
zur finanziellen Sicherung von Pfarr- und Kirchbetrieb. Die Lehrerbesoldung
und die Unterhaltung der Schule wurden durch die Einwohner des Ortes
aufgebracht. Während die Bezahlung des Pfarrers schon Anfang des
19. Jahrhunderts durch übergeordnete Kirchenverwaltungen erfolgte,
erhielt der Lehrer noch bis 1918 sein Geld von der Gemeinde.
Im Jahre 1703 verrät uns ein Dokument etwas über
"Die zwischen dem Pfarrer Bee-rensprung und den Gemeinden zu Tautenhain
und Ebersbach enthaltenen Irrungen." Dort geht es um "die Entheiligung
des Feiertages durch Zechen und Tanzen." [L:10]
Die Ebersbacher Kirche, und viel später auch
die von Nauenhain, waren Filialkirchen. der Tautenhainer Jacobskirche.
"Die Kirche hat ein Filial zu Ebersbach, steht unter der Inspection
Kolditz und unter der Collatur des Oberconsistoriums." [L:38] Das
gilt noch für 1824. Ottenhain wird Mitte 19.Jh. zum Teil nach Tautenhain,
zum anderen Teil nach Geithain eingepfarrt. Davor gehörte Ottenhain
über viele Jahrzehnte kirchenorganisatorisch zu Hopfgarten. Schließlich
kam 1932 Nauenhain als Filialkirche zu Sankt Jacobus hinzu. Im Rahmen
der damals vorgenommenen Um-strukturierung wurde nur noch ein Pfarrer
statt zwei für Tautenhain/Ebersbach/ Nauenhain/Ottenhain angestellt.
Der im Dorf sehr beliebte Tautenhainer Pfarrer Karl Kunze mußte
zugunsten des älteren Nauenhainer Pfarrers Welker weichen. Dieser
ging 1939 in den Ruhestand. Als Nachfolger wurde Christian Winkler
eingesetzt, der aber bereits nach wenigen Monaten zum Wehrdienst
eingezogen wurde. Bis zum Ende des Krieges wurden Gottesdienst und
die anderen kirchlichen Dienstangelegenheiten über Vertretungen
aufrecht erhalten.
Im Tautenhainer Kirchenarchiv [L:5] ist vermerkt,
dass 1789 eine neue Orgel ein-gebaut worden ist. Welche Orgel vorher
existierte und ob die heutige noch die von 1789 ist, konnte bisher
noch nicht herausgefunden werden.
Das 19. Jahrhundert beginnt, den Eintragungen
im Kirchenarchiv entsprechend, geradezu kriminell. Der Bauer Krause
(seit 1838 Gut Kern), spendete 1803 der Kirche ein neues Ornat,
bestehend aus grünem Tuch mit Fransen und Litzen zum Bekleiden von
Kanzel, Altar und Taufstein. In der Nacht vom 6. zum 7. Juni 1807
wird in der Kirche eingebrochen. Der Dieb entwendete nicht nur das
Tuch, sondern auch zinnerne Leuchter, Kannen und sogar die Altarkerzen.
Es war schon ein Schock für die Tautenhainer. Noch im selben Jahr
wurde durch Spenden von Dorfbewohnern der Verlust zum Teil ersetzt.
Die Kirche verkaufte aus ihrem Wald 5 Eichen, "um zu Geld zu kommen!
." [L:5] Aber 12 Jahre später, in der Nacht vom 25. zum 26. April
1819, wurde erneut eingebrochen. Doch diesmal konnte der Dieb, ein
Mann aus Thierbaum mit Namen Eube, bei Grimma gefaßt werden. Er
hatte das kostbare Tuch bereits zerschnitten und das Wachs der Kerzen
eingeschmolzen. "Durch Wohltaten einiger Einwohner wird alles restauriert.",
lesen wir im Tautenhainer Kirchenarchiv.[L:5]
Nach 1820 werden die Nachrichten wieder freundlicher.
Alles erfahren wir aus der Sächsischen Kirchengalerie von 1860.
Es setzt eine rege Bautätigkeit ein. So wird 1824 an der Kirche
"der spitzige Turm derselben völlig abgetragen und ein neuer erbaut."
[L:9,S.38] Das heutige Pfarrgebäude entsteht 1830 [L:9] Bis dahin
war es sicher ein normales Wohnhaus innerhalb des Pfarrgutes, welches
noch bis 1945 als Vierseithof gut erkennbar war. Schon 9 Jahre später
wird das neue Schulhaus eingeweiht.[--> Seite 80] Seit 1820 war
Lehrer Johann Werner angestellt. 1839 gab es 76 Schulkinder und
es wurde im alten Schulhaus doch zu eng. Die Gemeinde zahlte Lehrer
Werner 200 Taler pro Jahr. [L:9,5]
Zum Ende des 19. Jahrhunderts finden sich im
Kirchenarchiv [L:5] drei Nachrichten: Im Oktober 1877 erfolgt eine
Reparatur am Turmknopf. Das ist insofern etwas verwunderlich, da
der Turm ja erst 1824 neu gebaut wurde. Aus der Eintragung geht
aber nicht hervor, dass die Reparatur etwa nach einem Unwetter notwendig
Auszug aus dem Tautenhainer Dorfbuch Gottfried
Senf. Buchvorstellung hier.
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