Vanderbeke, Birgit
Sweet Sixteen
Frankfurt / Main : S. Fischer, 2005
Sweet
sixteen – klingt harmlos und süß und unglaublich romantisch. Nun,
Romantik ist wohl eher weniger drin, im neuen Roman von Birgit Vanderbeke.
Die deutsche, in Frankreich lebende Autorin spaltet
die Kritik: nachdem sie 1990 mit ihrer ersten Erzählung "Das Muschelessen"
den Ingeborg-Bachmann-Preis bekam, wurde sie mit ihren folgenden
Werken von den einen als literarisches Leichtgewicht eingestuft,
von den anderen als eine Autorin, deren Leichtigkeit im Gegenteil
von bewundernswerter Souveränität zeugt. Das wird ihr mit ihrem
neuen Buch wahrscheinlich nicht anders gehen.
Spannend wie ein Krimi ist diese Satire gebaut.
Es geht um Jugendliche, die den Aufstand proben. Das klingt nach
Straßenschlacht, geht aber ganz still von statten. Jugendliche verschwinden
an ihrem sechzehnten Geburtstag. Erst sehr vereinzelt und eine Serie
von Verbrechen ist der einzige Verdacht von Eltern, Polizei und
Politik. Nur gibt es weder Leichen noch Nachrichten. Eins ist sicher
allerdings – es werden mehr. Eltern heranwachsender Jugendlicher
wurden vor deren Geburtstag unruhig. Dann kamen die T-Shirts in
Umlauf. Es waren hellblaue T-Shirts. 'Free your mind' stand vorne
drauf, und auf dem Rücken stand 'Sweet Sixteen'."
Sie und ein paar Erklärungen via Internet lassen
bald keinen Zweifel mehr: die Jugendlichen sind ausgestiegen. Egal
woher sie kommen, ob aus der Stadt oder vom Land, aus guten oder
schlechten sozialen Verhältnissen, ob Mädchen oder Junge: sie versagen
einfach die Gefolgschaft. Sie wollen die Schulen nicht mehr, in
denen sie nichts lernen, die Medien nicht, die vom Schein und von
der Lüge leben, und nicht die sogenannten "Werte" der Elterngeneration.
Das ist ein durchaus verstörendes Buch.
Die Leichtigkeit von Birgit Vanderbekes Sprache
lässt aber Raum für Überlegungen, die über Betroffenheit hinausgehen.
Und – es ist eine Satire! Köstlich, wenn sich im Finale Medien,
Politik und Justiz in ihrer hilflosen Verständnislosigkeit verstricken.
Vanderbekes Beobachtungsgabe machte aus der Schilderung einer Pressekonferenz
ein Kabarettstückchen mit sehr viel Zeitbezug.
Dieses schmale Bändchen sei allen wärmstens empfohlen,
die das seltsame Wesen Teenager unter ihrem Dach beherbergen.
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