Aktualisiert am 26-Okt-2006  
   
   
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Vanderbeke, Birgit
Sweet Sixteen
Frankfurt / Main : S. Fischer, 2005

Sweet sixteen – klingt harmlos und süß und unglaublich romantisch. Nun, Romantik ist wohl eher weniger drin, im neuen Roman von Birgit Vanderbeke.

Die deutsche, in Frankreich lebende Autorin spaltet die Kritik: nachdem sie 1990 mit ihrer ersten Erzählung "Das Muschelessen" den Ingeborg-Bachmann-Preis bekam, wurde sie mit ihren folgenden Werken von den einen als literarisches Leichtgewicht eingestuft, von den anderen als eine Autorin, deren Leichtigkeit im Gegenteil von bewundernswerter Souveränität zeugt. Das wird ihr mit ihrem neuen Buch wahrscheinlich nicht anders gehen.

Spannend wie ein Krimi ist diese Satire gebaut. Es geht um Jugendliche, die den Aufstand proben. Das klingt nach Straßenschlacht, geht aber ganz still von statten. Jugendliche verschwinden an ihrem sechzehnten Geburtstag. Erst sehr vereinzelt und eine Serie von Verbrechen ist der einzige Verdacht von Eltern, Polizei und Politik. Nur gibt es weder Leichen noch Nachrichten. Eins ist sicher allerdings – es werden mehr. Eltern heranwachsender Jugendlicher wurden vor deren Geburtstag unruhig. Dann kamen die T-Shirts in Umlauf. Es waren hellblaue T-Shirts. 'Free your mind' stand vorne drauf, und auf dem Rücken stand 'Sweet Sixteen'."

Sie und ein paar Erklärungen via Internet lassen bald keinen Zweifel mehr: die Jugendlichen sind ausgestiegen. Egal woher sie kommen, ob aus der Stadt oder vom Land, aus guten oder schlechten sozialen Verhältnissen, ob Mädchen oder Junge: sie versagen einfach die Gefolgschaft. Sie wollen die Schulen nicht mehr, in denen sie nichts lernen, die Medien nicht, die vom Schein und von der Lüge leben, und nicht die sogenannten "Werte" der Elterngeneration. Das ist ein durchaus verstörendes Buch.

Die Leichtigkeit von Birgit Vanderbekes Sprache lässt aber Raum für Überlegungen, die über Betroffenheit hinausgehen. Und – es ist eine Satire! Köstlich, wenn sich im Finale Medien, Politik und Justiz in ihrer hilflosen Verständnislosigkeit verstricken. Vanderbekes Beobachtungsgabe machte aus der Schilderung einer Pressekonferenz ein Kabarettstückchen mit sehr viel Zeitbezug.

Dieses schmale Bändchen sei allen wärmstens empfohlen, die das seltsame Wesen Teenager unter ihrem Dach beherbergen.

 

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