Don Camillo und
Peppone in Tautenhain
Von Gottfied Senf
Vielen Älteren ist der französische Schauspieler
Fernandel sicher noch in Erinnerung. Zusammen mit Cino Cervi war
er Hauptdarsteller in dem französisch - italienischen Gemeinschaftsfilm
"Don Camillo und Peppone". 1952 hergestellt, wurde der Film in den
50er Jahren auch in den Kinos der DDR gezeigt (s.u.). Cervi spielte
den kommunistischen Bürgermeister Peppone in einer italienischen
Kleinstadt und sein Widerpart war der Ortspfarrer Don Camillo alias
Fernandel. Jeder versuchte den anderen irgendwie auszutricksen,
immer um die Gunst der Leute buhlend auf Kosten des jeweils anderen.
Das alles in heiterer und komödienhafter Darstellung, auch Dank
der schauspielerischen Leistung Fernandels, des Mannes mit dem unverwechselbaren
"Pferdegesicht".
Anfang der 50er Jahre gab es in Tautenhain eine
Parallele zu dem Film. Der Peppone hieß Karl, hatte 1945 die Ortsgruppe
der KPD gegründet und war Standesbeamter in Tautenhain. Don Camillo
würde "Bruder Heinz", dem evangelischen Pfarrer von Tautenhain,
entsprechen. Eigentlich war es aber eher dessen Ehefrau Maria, die
mit Eifer die Interessen der Evangelischen Kirche vertrat, beispielsweise
die Einhaltung der dörflichen Arbeitsruhe an Sonn- und Feiertagen.
Alfred, aus Schlesien stammend, und Elfriede,
echte Tautenhainerin, wollten heiraten. Seit Februar 1945 lebten
die Flüchtlinge aus Schlesien mit den Alttautenhainern zusammen.
Unter den jungen Leuten bildeten sich bald "gemischte Paare". Das
war hier nicht das Problem. Etwas schwieriger gestaltete sich schon,
dass ein Katholik und eine Evangelische heiraten wollten. Man einigte
sich bei den Brauteltern auf eine katholische Trauzeremonie, dem
Brautpaar selbst war der religiöse Unterschied ohnehin schon nicht
sehr bedeutend.
Wer trauen sollte, war klar. Wo die Trauung stattfinden
sollte, wurde zum Problem. Es gab noch nicht die katholische Kapelle
draußen an der Frankenhainer Straße. Die Katholiken aus Tautenhain
und den umliegenden Dörfern durften ihren Gottesdienst in der Tautenhainer
Kirche abhalten. So ganz einfach kam übrigens diese Lösung durchaus
nicht zustande. Nun aber stand eine katholische Trauung durch einen
katholischen Pfarrer in einer evangelischen Kirche auf der Tagesordnung.
Das ging, besonders aus Sicht der Pfarrersfrau Maria, wohl doch
zu weit. Kurz, es wurde schlicht untersagt, die Trauung in der Kirche
abzuhalten. Dass am gleichen Tag ein rein evangelisches Paar aus
Tautenhain sich ebenfalls trauen lassen wollte, wurde als ein Grund
angeführt. Die Lösung des Problems erinnert nun an den oben erwähnten
Film.
Standesbeamter Karl hatte als Kommunist gegenüber
dem Dorfpfarrer und der Kirche überhaupt, egal ob evangelisch oder
katholisch, natürlich sein spezielles, parteigemäßes Verhältnis.
Und wie Peppone den Don Camillo immer mal auszutricksen versuchte,
überwand sich Karl, nur um im "Fight" mit dem Tautenhainer Pfarrer
zu "punkten". Das Standesamt selbst befand sich im Wohnhaus des
Standesbeamten. So kam es, daß Elfriede und Alfred in einem Zimmer
des Hauses unten standesamtlich und danach, einen Stock höher, nach
allen Regeln katholisch ge traut wurden. Das Ganze richtete man
zeitlich nun auch noch so ein, dass am Ende dieser katholischen
Hochzeit im Privathaus des Kommunisten Karl die Glocken der evangelischen
Kirche von Tautenhain läuteten, offiziell zu Ehren des gerade geschlossenen
rein evangelischen Ehebundes des anderen Tautenhainer Paares.
Nachtrag:
1. Ob der Film "Don Camillo und Peppone" wirklich
in DDR- Kinos gezeigt wurde, ist unter Zeitzeugen noch umstritten.
Die einen glauben sich daran zu erinnern, die anderen sind eher
der Meinung, dass sie den Film nur aus dem "Westfernsehen" kennen.
Das Filmmuseum in Potsdam teilte auf Anfrage mit: Nach Durchsicht
der einschlägigen Verzeichnisse scheint es sicher, dass der Film
niemals in Kinos der DDR gezeigt wurde.
2. Die erste katholische Hochzeit in der evangelischen
Kirche von Tautenhain wäre der obige Fall nicht gewesen. Das hier
Probleme entstanden, hing offensichtlich mit dem Pfarrerwechsel
zusammen. Das Ehepaar Rätsch aus Geithain ist 1947 in der Tautenhainer
Kirche katholisch getraut worden. Dies zu genehmigen, war für Christian
Winkler, der zu dieser Zeit noch Pfarrer in Tautenhain war, kein
Problem.
Auszug aus dem Tautenhainer Dorfbuch Gottfried
Senf. Buchvorstellung hier.
|