Aktualisiert am 23-Mai-2004  
   
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Streit der Geithainer Leineweber mit den Fleischern

Von Louis Petermann



Der Baderteich ist aus der Stadt durch drei Wege zu erreichen: In der Mitte durch die Badergasse mit dem Badertor und rechts und links davon durch zwei schmale Zugänge, im Volksmund die Färber- und die Kuttelpforte geheißen. Der Zusammenschluss der Handwerker zu Innungen hatte ihr Selbstgefühl ungemein gehoben, vor allem das der Leineweber, die lange Zeit auch Färber waren. Deren Innung 1456, war die älteste im Ort und besaß sogar ein eigenes Meisterhaus, genannt "die Farbe" am oberen Eingang der Färberpforte gelegen.

Aus Dünkel, Spott und Streitlust kam es zu Reibereien mit den Angehörigen anderer Zünfte, besonders der Fleischhauer, obwohl deren Innung nur sechs Jahre jünger war. Bei den Zusammenstößen mit den Fleischern zogen sie immer wieder den kürzeren und mussten sich auch gefallen lassen, als Garnmetzger, Windbeutel und Hungerleider verschrieen zu werden.

Da verfielen sie auf ein keckes Stück: Sie fingen an, samt ihren Gesellen und Lehrlingen, die obere Pforte, die sie dann betraten, um unten am Wasser ihr Garn zu spülen, die Färberpforte zu heißen. Sie ließen wohl auch durchblicken, der Rat der Stadt sei diesem Namen gewogen. Die untere Pforte aber, welche die Fleischer benutzten, wenn sie im Teich oder in der "Flut" dem Ausfluss der Eula, ihre Kutteln (Innereien) auswaschen wollten, nannten die Leineweber herausfordernd die Kuttelpforte, um darzutun, die Leute vom Ochsenkopfe sind schmutzig, wässerten ihr Fleisch in einem Sammelorte für allerlei Unrat, für gefallenes Vieh und ersäufte junge Hunde und Katzen. Das war ehrenrührig und schimpflich und brachte die Fleischer so in Harnisch, dass sie den Leinewebern auf handgreifliche Art zusetzten, wo immer sie ihnen begegneten.


Den Bürgern gefiel dieser Streit, denn er brachte Leben und Abwechslung in den grauen Alltag. Sie halfen auch fleißig, die neuen Namen volkstümlich zu machen. Der Zwist erhöhte aber auch die Güte der handwerklichen Arbeit, da sich jeder Meister scheute, übler Nachrede zu verfallen, wie auch die Fleischer ihre Kutteln sicherlich sorgsam gespült haben.




 

 
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