Streit der
Geithainer Leineweber mit den Fleischern
Von Louis Petermann
Der Baderteich
ist aus der Stadt durch drei Wege zu erreichen: In der Mitte
durch die Badergasse mit dem Badertor und rechts und links
davon durch zwei schmale Zugänge, im Volksmund die Färber-
und die Kuttelpforte geheißen. Der Zusammenschluss der
Handwerker zu Innungen hatte ihr Selbstgefühl ungemein
gehoben, vor allem das der Leineweber, die lange Zeit auch
Färber waren. Deren Innung 1456, war die älteste
im Ort und besaß sogar ein eigenes Meisterhaus, genannt
"die Farbe" am oberen Eingang der Färberpforte gelegen. |
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Aus Dünkel, Spott und Streitlust
kam es zu Reibereien mit den Angehörigen anderer Zünfte,
besonders der Fleischhauer, obwohl deren Innung nur sechs Jahre
jünger war. Bei den Zusammenstößen mit den Fleischern
zogen sie immer wieder den kürzeren und mussten sich auch gefallen
lassen, als Garnmetzger, Windbeutel und Hungerleider verschrieen
zu werden.
Da verfielen sie auf ein keckes
Stück: Sie fingen an, samt ihren Gesellen und Lehrlingen, die
obere Pforte, die sie dann betraten, um unten am Wasser ihr Garn
zu spülen, die Färberpforte zu heißen. Sie ließen
wohl auch durchblicken, der Rat der Stadt sei diesem Namen gewogen.
Die untere Pforte aber, welche die Fleischer benutzten, wenn sie
im Teich oder in der "Flut" dem Ausfluss der Eula, ihre Kutteln
(Innereien) auswaschen wollten, nannten die Leineweber herausfordernd
die Kuttelpforte, um darzutun, die Leute vom Ochsenkopfe sind schmutzig,
wässerten ihr Fleisch in einem Sammelorte für allerlei
Unrat, für gefallenes Vieh und ersäufte junge Hunde und
Katzen. Das war ehrenrührig und schimpflich und brachte die
Fleischer so in Harnisch, dass sie den Leinewebern auf handgreifliche
Art zusetzten, wo immer sie ihnen begegneten.
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Den Bürgern
gefiel dieser Streit, denn er brachte Leben und Abwechslung
in den grauen Alltag. Sie halfen auch fleißig, die neuen
Namen volkstümlich zu machen. Der Zwist erhöhte
aber auch die Güte der handwerklichen Arbeit, da sich
jeder Meister scheute, übler Nachrede zu verfallen, wie
auch die Fleischer ihre Kutteln sicherlich sorgsam gespült
haben. |
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