Der Meisterochse
Von Karsten B.
Als ich den Schlachter Artikel
von Geithain in Sachskulthuer.de las, fiel mir der Meisterochse
wieder ein, dass ist doch was für die Zeitung na klar, also
ran an den Artikel.
Für die Fleischergesellen war es nicht einfach, den Meistertitel
zu erwerben. Wie in anderen Handwerken bedurfte es einer langen
Vorbereitung, eine Gesellenzeit von mindestens drei Jahren und andere
Bedingungen waren zu erfüllen. Vor allem war das Meister werden
mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden, so dass es armen
Gesellen nicht vergönnt war, jemals Meister zu werden. Es sei
denn, sie heirateten eine Fleischertochter oder -witwe und sollten
das Geschäft fortführen.
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In der "Gewerbeordnung von
1900" wird festgelegt, dass den Meistertitel in Verbindung
mit der Bezeichnung eines Handwerkes nur diejenigen führen
dürfen, die eine Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen erwarben
und die Meisterprüfung bestanden. Erst dies berechtigte, das
Handwerk als Meister betreiben zu dürfen.
Daher musste der Fleischergeselle in einer Prüfung beweisen,
dass er mit Recht zum Meister aufsteigen kann. Das Meisterstück
war ein wesentlicher Teil dieser Prüfung, die er vor einer
aus Meistem bestehenden Prüfungskommission abzulegen hatte.
Und nicht das Sie denken der angehende Meister hätte nur deftige
Schinken, delikate Salate und Würste zuzubereiten, nein er
hatte als angehende Meister einen von der Innung ausgesuchten und
gekauften Ochsen zu schlachten. Den sogenannten Meisterochsen.
Am
Abend vor dem Prüfungstermin kamen die jungen Mädchen
des Ortes zusammen, um den "Putz" vorzubereiten, mit dem
sie den zu schlachtenden Ochsen am nächsten Tag schmücken
wollten: Blumengebinde, Sträuße, Girlanden, bunte Seidentücher
und Schleifen stellten den Putz da. Sie flochten aus geschlitztem
Stroh einen Leibgurt, der dem Ochsen am nächsten Tag mit festen
Leinen angelegt wurde. Es sollte ja ein besonders schöner Ochse
sein und von allen bestaunt werden, wenn er durch die Straßen
der Städte unserer Region geführt wurde.
Die Mädchen hatten Kaffee und Stollenbrot vorbereitet, denn
die jungen Burschen ließen es sich nicht nehmen den Mädchen
Gesellschaft zu leisten, woraus dann eine fröhliche Runde wurde.
Am nächsten Tag wurde der Ochse dann mit dem Putz geschmückt.
Den Kranz um den Hals, schmückte ihn mit Seidenschleifen, behängte
den Körper mit Girlanden, vergoldete seine Hörner und
setzte ein kleines Blumenkrönlein dazwischen. Noch heute gibt
es die Redensart "Geputzt wie e Maasterochs", wenn sich
jemand auffällig kleidet.
Sobald vom Kirchturm die neunte Stunde schlug, wurde der Ochse auf
die Straße geführt. Hinter ihm formierte sich ein kleiner
Zug von Innungsgenossen und der Ortsobrigkeit. Die Fleischermeister
trugen, um ihren Stand zu dokumentieren, weiße, an einer Seite
hochgeschlagene Schürzen. Der zu prüfende Geselle hatte
am mit Silberzwecken beschlagenen Ledergurt das Schlachtwerkzeug
umgehängt.
An den Straßen stehende Schaulustige, Freunde und Bekannte
des Prüflings behängten den Ochsen mit allerlei Geschenken,
wie Holzpantoffeln, Handwerkszeug, Arbeitsschürzen, Taschentücher,
Töpfe und Backwerk. So zog der Zug von einer Fleischerei zur
nächsten und endete im Schlachthaus.
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Unter den Augen der zur Prüfungskommission
gehörenden strengen Innungsmeister hatte der Prüfling
das Tier mit einem Schlag zu töten. Auch alle weiteren Vorgänge
wurden von den Prüfern kritisch beobachtet und gewertet.
War die Prüfung vorüber, begann ein kleines Volksfest.
Der Prüfling musste alle Anwesenden zu einem Frühstück
einladen, bei dem es neben Fleisch- und Wurstwaren auch kuchenartige
Zöpfchen angeboten wurden. Dazu floss natürlich reichlich
Bier. Oft war schon in der Innungsordnung festgelegt, welche Menge
auszuschänken sei. Beim Tanz am Abend musste der Jungmeister
wenigstens einmal mit den Frauen und Töchtern der ortsansässigen
Fleischermeister tanzen. "Der arme Kerl!"
Bei der ein paar Tage später stattfindenden Aushändigung
des Meisterbriefes, hatte der Jungmeister nochmals alle Anwesenden
mit Bier und Speisen durch ein Meisteressen zu verköstigen.
Mit diesem schloss die Prüfung ab. Aus dem ursprünglich
recht bescheidenen Meisteressen wurde bereits im 16. Jahrhundert
ein regelrechtes Gelage. Im17. Jahrhundert war die Zeremonie so
angewachsen, dass ein Jungmeister mit einem Schuldenberg sein Handwerk
begann.
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