Aktualisiert am 21-Apr-2004  
   
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Der Meisterochse

Von Karsten B.

Als ich den Schlachter Artikel von Geithain in Sachskulthuer.de las, fiel mir der Meisterochse wieder ein, dass ist doch was für die Zeitung na klar, also ran an den Artikel.

Für die Fleischergesellen war es nicht einfach, den Meistertitel zu erwerben. Wie in anderen Handwerken bedurfte es einer langen Vorbereitung, eine Gesellenzeit von mindestens drei Jahren und andere Bedingungen waren zu erfüllen. Vor allem war das Meister werden mit einem hohen finanziellen Aufwand verbunden, so dass es armen Gesellen nicht vergönnt war, jemals Meister zu werden. Es sei denn, sie heirateten eine Fleischertochter oder -witwe und sollten das Geschäft fortführen.

Der Meisterochse

In der "Gewerbeordnung von 1900" wird festgelegt, dass den Meistertitel in Verbindung mit der Bezeichnung eines Handwerkes nur diejenigen führen dürfen, die eine Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen erwarben und die Meisterprüfung bestanden. Erst dies berechtigte, das Handwerk als Meister betreiben zu dürfen.

Daher musste der Fleischergeselle in einer Prüfung beweisen, dass er mit Recht zum Meister aufsteigen kann. Das Meisterstück war ein wesentlicher Teil dieser Prüfung, die er vor einer aus Meistem bestehenden Prüfungskommission abzulegen hatte. Und nicht das Sie denken der angehende Meister hätte nur deftige Schinken, delikate Salate und Würste zuzubereiten, nein er hatte als angehende Meister einen von der Innung ausgesuchten und gekauften Ochsen zu schlachten. Den sogenannten Meisterochsen.

Der MeisterochseAm Abend vor dem Prüfungstermin kamen die jungen Mädchen des Ortes zusammen, um den "Putz" vorzubereiten, mit dem sie den zu schlachtenden Ochsen am nächsten Tag schmücken wollten: Blumengebinde, Sträuße, Girlanden, bunte Seidentücher und Schleifen stellten den Putz da. Sie flochten aus geschlitztem Stroh einen Leibgurt, der dem Ochsen am nächsten Tag mit festen Leinen angelegt wurde. Es sollte ja ein besonders schöner Ochse sein und von allen bestaunt werden, wenn er durch die Straßen der Städte unserer Region geführt wurde.

Die Mädchen hatten Kaffee und Stollenbrot vorbereitet, denn die jungen Burschen ließen es sich nicht nehmen den Mädchen Gesellschaft zu leisten, woraus dann eine fröhliche Runde wurde. Am nächsten Tag wurde der Ochse dann mit dem Putz geschmückt. Den Kranz um den Hals, schmückte ihn mit Seidenschleifen, behängte den Körper mit Girlanden, vergoldete seine Hörner und setzte ein kleines Blumenkrönlein dazwischen. Noch heute gibt es die Redensart "Geputzt wie e Maasterochs", wenn sich jemand auffällig kleidet.

Sobald vom Kirchturm die neunte Stunde schlug, wurde der Ochse auf die Straße geführt. Hinter ihm formierte sich ein kleiner Zug von Innungsgenossen und der Ortsobrigkeit. Die Fleischermeister trugen, um ihren Stand zu dokumentieren, weiße, an einer Seite hochgeschlagene Schürzen. Der zu prüfende Geselle hatte am mit Silberzwecken beschlagenen Ledergurt das Schlachtwerkzeug umgehängt.

An den Straßen stehende Schaulustige, Freunde und Bekannte des Prüflings behängten den Ochsen mit allerlei Geschenken, wie Holzpantoffeln, Handwerkszeug, Arbeitsschürzen, Taschentücher, Töpfe und Backwerk. So zog der Zug von einer Fleischerei zur nächsten und endete im Schlachthaus.

Der Meisterochse

Unter den Augen der zur Prüfungskommission gehörenden strengen Innungsmeister hatte der Prüfling das Tier mit einem Schlag zu töten. Auch alle weiteren Vorgänge wurden von den Prüfern kritisch beobachtet und gewertet.

War die Prüfung vorüber, begann ein kleines Volksfest. Der Prüfling musste alle Anwesenden zu einem Frühstück einladen, bei dem es neben Fleisch- und Wurstwaren auch kuchenartige Zöpfchen angeboten wurden. Dazu floss natürlich reichlich Bier. Oft war schon in der Innungsordnung festgelegt, welche Menge auszuschänken sei. Beim Tanz am Abend musste der Jungmeister wenigstens einmal mit den Frauen und Töchtern der ortsansässigen Fleischermeister tanzen. "Der arme Kerl!"

Bei der ein paar Tage später stattfindenden Aushändigung des Meisterbriefes, hatte der Jungmeister nochmals alle Anwesenden mit Bier und Speisen durch ein Meisteressen zu verköstigen. Mit diesem schloss die Prüfung ab. Aus dem ursprünglich recht bescheidenen Meisteressen wurde bereits im 16. Jahrhundert ein regelrechtes Gelage. Im17. Jahrhundert war die Zeremonie so angewachsen, dass ein Jungmeister mit einem Schuldenberg sein Handwerk begann.

 
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